Alle Neune mit: Beat Fehlmann, Intendant der deutschen Staatsphilharmonie RLP

Alle Neune mit: Beat Fehlmann, Intendant der deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz

Für das neue Format Alle Neune mit haben uns mit Beat Fehlmann, dem Intendanten der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, auf der Kegelbahn im BASF Gesellschaftshaus getroffen. Bei einer lockeren Runde Kegeln wollten wir gemeinsam herausfinden, wie Musik und Kultur gestaltet werden, wie ein traditionsreiches Orchester mit wechselnden Spielstätten neue Wege beschreitet und welche Rolle Innovation und Offenheit für die Zukunft von Klassik spielen.

Im intensiven Austausch haben wir nicht nur über künstlerische und organisatorische Herausforderungen gesprochen, sondern auch darüber, wie sich das Orchester verändert hat, welche Formate besonders prägend waren und was Musik für Menschen heute bedeuten kann. Dabei haben wir Beat gefragt, wie er persönlich Kultur versteht, was ihn antreibt und welche Erfahrungen er aus seiner Zeit in Ludwigshafen mitnimmt – aber auch, was ihn an seinem nächsten Schritt in Liechtenstein reizt.

Andy Hi Beat, du bist in der Schweiz geboren und hast Musik studiert. Ich glaube, du hast deinen Abschluss in Klarinette, Dirigieren und Komposition gemacht – stimmt das?
Beat Ja, das stimmt. Das klingt vielleicht nach jemandem, der sich nicht entscheiden kann, aber so ist es nicht. Ich habe früh gelernt, dass man Dinge selbst gestalten kann. So bin ich auch aufgewachsen: Erst als Instrumentalist, dann haben wir ein Ensemble gegründet. Wir junge Musiker haben uns zusammengetan, das Ensemble ist gewachsen, immer mehr kamen hinzu – und irgendwann stellte sich die Frage: Wer leitet das Ganze? Da habe ich gesagt: „Okay, das mache ich.“ Und irgendwann haben wir uns auch gefragt: Was wollen wir eigentlich spielen? Wir könnten natürlich bestehende Musik spielen, aber wir könnten auch nach unserer eigenen Musik suchen. Also habe ich angefangen, Musik zu schreiben. Für mich hat sich das alles fast schon logisch entwickelt. Man sieht daran auch, dass immer das Selbergestalten im Vordergrund stand. Nicht einfach abwarten, bis etwas passiert, sondern selbst die Initiative ergreifen. Ich denke, daher kommt auch mein Interesse an organisatorischen und administrativen Aufgaben. Nach etwa 15 Jahren als Musiker, mit vielen Ideen und Projekten, habe ich mich dann entschieden, mich auf eine administrative Aufgabe zu konzentrieren. Seitdem bin ich seit etwa 15 Jahren vor allem hinter oder neben der Bühne tätig. Das gefällt mir sehr.
Andy Welche Rolle spielt die BASF für die Staatsphilharmonie und welche Rolle spielt die Staatsphilharmonie für die BASF?
Beat-Fehlmann
Beat Zunächst einmal ist die BASF für uns einer der langjährigsten und wichtigsten Partner. Die Verbindung geht eng auf die Gründung des Orchesters zurück. Man könnte die Geschichte auch anders erzählen: Bereits nach einem Jahr war das Orchester nach seiner Gründung schon pleite. Da musste man zur BASF, und die hat dann das Orchester gerettet. Das ist die eine Geschichte. Es gibt aber auch die, dass sich viele Mitarbeiter:innen der BASF gewünscht haben, nach Feierabend Kultur genießen zu können. Deshalb wurde auch das Feierabendhaus gebaut. Die damalige Geschäftsleitung hat beschlossen, eine Konzertreihe zu etablieren, und diese erste Reihe war mit der Deutschen Staatsphilharmonie. Eine derart lange Partnerschaft zwischen einer öffentlichen Institution und einem privaten Unternehmen – über 100 Jahre – ist wirklich etwas Besonderes. Das gibt es, glaube ich, nicht so oft.
Andy Was hast du in deiner Zeit als Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ganz konkret bewirken können? Was hast du erreicht – und was vielleicht auch nicht?
Beat Ich glaube, das Orchester ist nahbarer geworden. Viel mehr Menschen haben das Orchester wahrgenommen als zuvor. Ich denke auch, dass es uns gelungen ist, mehr Menschen zu begeistern oder ihnen zumindest die Geschichte zu erzählen, dass klassische Musik einfach großartig ist. Nicht so gut gelungen ist mir – da muss ich jetzt scharf nachdenken... Natürlich gibt es immer Dinge, die nicht gelingen. Ein Punkt ist sicherlich, dass ich mir noch mehr wünsche, künftig besser mit der breiten Stadtbevölkerung in Kontakt zu kommen.
Andy Ich habe gehört, du kochst und isst gern. Du bist ein Genießertyp und lädst Musiker regelmäßig nach Hause ein, wenn sie auftreten, und bereitest ihnen ein großes Mahl – wurde mir gesagt.
Beat Ja, das hat zwei Gründe: Erstens ist es nach einem Konzert extrem schwierig, noch ein offenes Restaurant zu finden. Für Künstler:innen ist es außerdem meist so, dass sie vor einem Konzert nicht essen können – sie sparen sich die Energie auf und geben alles auf der Bühne. Danach sind sie oft müde und hungrig. Wenn man dann ein Restaurant findet, ist es oft stressig, weil bald die Küche schließt. Deshalb habe ich entschieden, selbst zu kochen und ein schönes Menü vorzubereiten. Viele der Musiker:innen verbringen pro Jahr rund 300 Nächte im Hotel und essen etwa 80 Prozent ihrer Mahlzeiten allein. Da ist es etwas ganz Besonderes, zu jemandem nach Hause eingeladen zu werden. Das ist eine völlig andere, persönlichere Erfahrung als ein Restaurantbesuch. So entstehen Freundschaften und Gespräche, die viel weiter gehen. Für mich ist es schön, Gastgeber zu sein, zu schnippeln und das Essen vorzubereiten – aber es ist auch für alle ein schönes Erlebnis.
Andy Wie würdest du die Rolle von Kultur beschreiben? Was ist ihre Aufgabe und ihre Relevanz?
Beat Ich finde, ganz zentral ist das Thema der Selbsterkenntnis: Etwas über uns selbst zu erfahren. Wenn ich mehr über mich selbst weiß, kann ich auch anderen anders begegnen. Ich kann mich und das Gegenüber – oder das, was außerhalb von mir ist – besser wahrnehmen. Je mehr wir zu uns selbst finden, desto besser können wir auch offen auf andere zugehen. Dadurch entsteht überhaupt erst Gemeinschaft: Ein Interesse, eine Offenheit und die Fähigkeit, mit Anderen und Anderem umzugehen. Das ist ganz essentiell und unglaublich wichtig.

Wer noch tiefer in das Thema einsteigen und mehr über die Arbeit der Staatsphilharmonie und Beat Fehlmanns Pläne erfahren möchte, findet den zweiten Teil unseres ausführlichen Interviews als DEEP DIVE in voller Länge auf unserem YouTube-Kanal.

Text: Andy Heinrich, Bilder: WOW & Murat Bilir

Andy ist echter Ludwigshafener. Er weiß welche Treppe in der Innenstadt wie viele Stufen hat. Außerdem findet er, Ludwigshafen kann was. Deshalb möchte er zeigen, was seine Heimatstadt zu bieten hat. Er betreibt er mit seinen Kolleg*innen das WOW Magazin und initiiert eine Vielzahl von Kulturprojekten.

Text: Andy Heinrich
Bilder: WOW & Murat Bilir

Andy ist echter Ludwigshafener. Er weiß welche Treppe in der Innenstadt wie viele Stufen hat. Außerdem findet er, Ludwigshafen kann was. Deshalb möchte er zeigen, was seine Heimatstadt zu bieten hat. Er betreibt er mit seinen Kolleg*innen das WOW Magazin und initiiert eine Vielzahl von Kulturprojekten.

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