Besuch im Schuh Keller – Schuhe kaufen als Erlebnis

Besuch bei Schuh-Keller – Schuhekaufen als Erlebnis

Das familiengeführte Schuhgeschäft Schuh-Keller am Berliner Platz ist seit 1954 ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Ludwigshafener Innenstadt – die Unternehmenshistorie reicht sogar noch in die 1930er Jahre zurück. Was als Familienbetrieb in Ludwigshafen begann, gilt bis heute als Qualitätsgarant, der Kunden rund um den Globus bedient. Geführt wird das Geschäft mit großem Fokus Handwerkswissen sowie guter Beratung von Edmund Keller und Marcus Keller-Leist. Wir haben uns vom Team vor Ort beraten lassen und ein Interview mit Herrn Keller-Leist geführt.

Andy Guten Morgen Herr Keller-Leist, möchten Sie sich und Schuh-Keller mal vorstellen?

Herr Keller-Leist Klar, mein Name ist Marcus Keller-Leist und ich bin geschäftsführender Gesellschafter der Schuh-Keller KG. Wir sind hier ein klassisches Schuhgeschäft am Berliner Platz in Ludwigshafen mit einer hochwertigen Auswahl an Schuhen im Mode- und Exklusivbereich. Einen wichtigen Bestandteil unseres Sortiments bilden aber auch unsere Berg- und Wanderschuhe ab, dort haben wir Schuhe vom Mittelgebirge bis hin zum Expeditionsgebirge.

Andy Das Geschäft Schuh-Keller hat eine lange Historie. Ich glaube, der Berliner Platz war auch nicht der erste Standort gewesen, richtig? Möchten Sie uns mehr zur Entstehungsgeschichte erzählen?

Herr Keller-Leist Der Berliner Platz ist in der Tat nicht unser erster Standort. Wir sind hier seit etwa 1954, vorher waren wir im alten Pfalzbau. Ich kenne es aber auch nur noch aus Erzählungen. Unser Schuhgeschäft existiert jetzt bereits in der dritten Generation.

©WOW Magazin

Andy Auf Ihrer Website schreiben Sie, Sie widersetzen sich dem Trend der Massenabfertigung. Und dem Trend der Selbstbedienung, bei dem man nicht mehr beraten wird. Wie ist es bei Schuhkeller?

Herr Keller-Leist Ja, es gab ja mal so einen großen Trend, das war noch in den 90er Jahren. Damals hieß es: der Laden, weiß, Marmor, Glas. Davon sind wir ja komplett, ja meilenweit entfernt. Wir haben immer gesagt, das ist die Grundidee von Schuhkeller, das ist die DNA, die Leute sollen sich bei uns wohlfühlen. Erst einmal hinkommen, setzen, durchatmen und vor allen Dingen den Stress draußen vor der Tür lassen. Nicht reinkommen, gucken, schnell wieder raus. Und dafür wurden wir auch lange Zeit belächelt. Heute ist es wieder ein System, wo viele Kollegen, Schuhhändler, aber auch Textilisten sagen, das hätten wir gerne wieder.
Wir möchten eben was Hochwertiges verkaufen, was Gutes verkaufen, was Nachhaltiges verkaufen. Also für uns war schon immer ein Thema, sind das Schuhe, die ihr Geld auch wert sind? Sind diese Schuhe zum Beispiel auch zu reparieren? Wir arbeiten auch mit einem guten Schuhmachermeister zusammen und insofern haben wir uns immer ein bisschen gegen den Trend der Masse, also „günstig, trage ich ein halbes Jahr, schmeiße es weg“ immer verwehrt. Das meiste, was bei uns im Laden steht, ist eben wirklich made in Europe oder sogar wirklich noch in Deutschland gefertigt.

Andy Ich habe ganz klassisch nach dem Abi ein halbes Jahr in der Rheingalerie gearbeitet. Da hatte ich ein Vorstellungsgespräch, wurde eingestellt und auf die Fläche gestellt. Das war der Moment, in dem ich gemerkt habe „achso, ich kann von niemandem erwarten, dass er mich berät, weil genauso wie ich stehen alle im Laden und haben keine Ahnung von den Produkten, die da drin stehen“.

©#RAPOGRAF

Herr Keller-Leist Und das ist eigentlich das große Problem des Einzelhandels. Die Leute, die in den Geschäften gehen, die wollen auch irgendwo Beratung. Weil wenn sie keine Beratung wollen und wissen genau, was sie wollen, dann bleiben sie auf der Couch, dann holen sie ihr Laptop oder ihr iPad oder irgendwas und stellen sich was zusammen und lassen es sich gemütlich nach Hause liefern. Es gibt ja einen Grund. Der Mensch ist ja auch ein soziales Wesen, er will sich mit jemandem unterhalten oder ist vielleicht auch nicht so sicher und will vielleicht auch vergleichen oder es in die Hand nehmen. Und das bieten wir eben an, wir haben keine ungelernten Kräfte, sondern die haben alle im Verkauf gelernt oder haben sogar bei uns gelernt, sind über Jahre, Jahrzehnte eben bei uns.
Wir bilden auch noch aus, also ich habe zur Zeit zwei Auszubildende, die klassisch erst zwei Jahre Verkäufer machen, dann das dritte Jahr den Kaufmann oben draufsatteln und die meisten bleiben dann eben auch da.

Andy Also Sie haben auch das Sortiment, wo es Beratung bedarf?

Herr Keller-Leist Also das fängt eigentlich schon beim modischen Schuh an. Wenn eine Kundin kommt und sagt, ich brauche für den Anlass einen Schuh, dann ist es eigentlich auch unser Job, der Kundin oder dem Kunde verschiedene Alternativen zu zeigen, an die er vielleicht gar nicht gedacht hat. Sei es eine Farbauswahl, oder es eine Modellauswahl im Bereich der Komfortschuhe. Oftmals kommen die Leute und haben Probleme, zum Beispiel wie ein Fersensporn. Dann versuchen wir, die auf die Art und Weise zu lösen. Oder haben Sie etwa einen Schuh, der steigeisenfest ist und da will jemand auf den Berg in Aconcagua, wo sich innerhalb von ein paar Minuten der Wind dreht und es kann richtig kalt wird – und der Schuh funktioniert da nicht, dann kann es schnell in den Bereich gehen, wo es lebensgefährlich wird.

Andy Bei den Wanderschuhen verstehe ich es vollkommen, aber jetzt muss ich meine Aussage revidieren. Doch, man kann wohl auch schon bei modischen, einfach Freizeitschuhen Beratung gebrauchen. Wäre das vielleicht doch wichtiger, als ich jetzt denke?

Herr Keller-Leist Unbedingt, ja.

Andy Ich habe meinen Fuß ausmessen lassen. Ich habe gemerkt, mein rechter Fuß ist einen halben Zentimeter größer als der andere.

Herr Keller-Leist Ja, Füße sind unterschiedlich.

Andy Ich glaube, ich habe auch einen Senkfuß. Und wahrscheinlich ist es dann schon nicht cool, wie ich mit nicht richtig geschnürten Schuhen rumlaufe. Wahrscheinlich ist das alles nicht so gesund. Wie denken Sie da jetzt? Sie haben ja einen ganz anderen Blick da drauf.

Herr Keller-Leist Mein Sohn ist jetzt 18 und der ist natürlich so in der Phase, in der er sagt, die Schuhe, die beim Vater im Laden stehen, sind nicht unbedingt das, was mich anspricht, weil meine Kumpel haben alle Schuhe von der und der Marke und das will ich dann auch. Dann gehe ich natürlich auch mit und schaue mir die Schuhe an, die dann auch schon nahe der 200 Euro kosten.

Andy Ich denke wir reden hier von den großen Sportmarken Marken aus Amerika und Deutschland?

Herr Keller-Leist Ja genau. Ich habe zum Beispiel so einen Schuh in der Hand und denke mir – ein Schuh für 160 Euro, eine billig angeschäumte Sohle, ein Stoffschaft oben drüber. A: Das ist das Geld nicht wert und B: Das geht an die Gesundheit. Die Probleme der zukünftigen Erwachsenen werden enorm. Jetzt momentan mit Anfang 20 ist es überhaupt kein Problem. Da steht man gut in so einem Schuh. Die Muskulatur gleicht das alles aus. Vielleicht tut einem irgendwann ein bisschen der Fuß weh, das ist aber alles gut. Aber wenn es alles zu weich ist, wird der Fuß immer breiter und senkt sich immer mehr. Irgendwann kommen dann die Schmerzen, dann brauchen sie Einlagen. Und dann kommen sie ins Geschäft und sagen, mir tut was weh. Ich kann nicht mehr die Schuhe tragen, die mir eigentlich gefallen. Ich hätte gerne einen schicken Schuh, aber ich brauche was, worin ich noch laufen kann… Und dann merken wir, dass sich das Alter dieser Leute immer mehr nach unten senkt. Früher waren die Leute mit 60, 65 plus, noch älter. Gerade bei den Damen, die High Heels getragen haben war es so, dass sie dann Probleme mit dem Vorfuß gehabt haben. Aber es war eher selten. Heute haben schon Leute mit 30 Jahren Einlagen, teilweise jünger. Einfach weil sich die Fußmuskulatur senkt, weil der Fuß die Unterstützung nicht bekommt.

Andy Was macht dann, im Gegensatz zu anderen Schuhanbietern, das Einkaufsverhältnis bei Schuh-Keller aus?

Herr Keller-Leist Zum einen versuchen wir wirklich auf den Kunden einzugehen, individuell zu arbeiten, individuell und auch gut zu beraten. Wir sind nicht ausgelegt auf einen kurzfristigen Verkauf, sondern wir wollen, dass der Kunde auch wiederkommt. Aber das muss eben unser Job sein, dass wenn der Kunde vergleicht und sagt, „Mensch, bei Schuh-Keller wurde ich gut beraten“. Und die Qualität ist die Voraussetzung dafür. Ich kann meinem Kunden nichts Schlechtes verkaufen, genauso wie ich ihm keine schlechte Beratung angedeihen lassen kann.

Andy Also der Kunde verbringt hier gut Zeit, oder?

Herr Keller-Leist Ja, das sehen Sie auch bei Google, dass der Kunde durchschnittlich eine Dreiviertelstunde bei uns im Laden verbringt. Das ist der Schnitt. Das Highlight war sicherlich ein Kunde, der von 10 bis 18 Uhr mit 2 Stunden Pause bei uns im Laden verbracht hat.

Andy Das ist ressourcenaufwändig.

Herr Keller-Leist Genau, also dann muss man natürlich auch mal gucken, dass man auch mal links und rechts noch jemand anderes mitbedient. Unsere Leute sind alle in der Lage, dass auch mal zwei oder drei Kunden auf einmal bedienen können. Und die meisten Kunden haben dafür auch Verständnis. Wir haben aber natürlich auch Kunden, die sagen, ich möchte gerne nur meinen Verkäufer. Wir fördern auch mit Visitenkarten und einer persönlichen Bindung, dass die Kunden zu ihrer Verkäuferin, zu ihrem Verkäufer gehen. Oftmals dann schon teilweise Jahrzehnte. Also ich habe auch schon oft noch Stammkunden aus meiner Lehrzeit von Anfang der 90er Jahre. Die kaufen heute andere Schuhe als die, die sie vor 30 Jahren gekauft haben. Aber es macht natürlich Spaß. Und da ist dann auch eine persönliche Bindung da. Das freut mich und macht mich auch immer stolz, wenn die Leute über Jahre, Jahrzehnte hinweg kommen – oder auch ganze Generationen, wo dann die Oma dabei ist. Die nachfolgende Generation oder sogar schon die Enkelgeneration. Das ist cool.

©#RAPOGRAF

Andy Meinen Sie das ist das, was Sie dann schon seit Jahrzehnten von den anderen Ladengeschäften abhebt?

Herr Keller-Leist Ich bin kein Fußballfan, aber der FC Bayern hat ein Motto, das heißt: Mia san mia. Und das haben wir eigentlich schon von Anfang an so gemacht. Als wir 1954 auf der Straße hier geöffnet hatten, gab es 9 andere Schuhgeschäfte. Und wir, das erzählt man sich ja immer, waren damals der Neuling hier in der Straße, der günstigste. Und über die Jahre hinweg... naja.

Andy Weil das Sortiment anders war oder weil die anderen noch hochpreisiger waren?

Herr Keller-Leist Weil die anderen hochpreisiger waren. Da musste man eben gucken, dass man sich etabliert. Man bekam eben auch noch nicht alle Marken. Aber mit der Zeit war für uns klar, dass wir anders sein müssen, als die anderen. Vor allen Dingen wurde uns das 1978sehr schnell klar.

Andy Was ist da passiert?

Herr Keller-Leist Drüben gab es den Kaufhof. Wir waren hier eine 1a-Lage bis 1978. Dann wurde der Rathaussender eröffnet. Und der Kaufhof ging von einem Schlag auf den anderen rüber in das Rathaus-Center. Und die ganze Geschichte kennt man. Und wir haben uns dann damals gesagt – okay, wir konzentrieren uns auf hochwertiges Schuhwerk, auf Beratung, auf Service. Wir hatten damals noch Skischuhe dabei. Es gab auch die Überlegung, ob wir Sporthändler werden oder wir Schuhhändler bleiben. Dann haben wir gesagt – nee, der Bereich der Skischuhe muss weg. Und dann haben wir uns eben, wie gesagt, auf den hochwertigen Bereich konzentriert und hatten damit Erfolg.

Andy War es dann eher ein sich-treu-bleiben, als ein sich-stetig-neu-erfinden?

Herr Keller-Leist Ich glaube, es war eine Kombination aus beidem. Also wir machen das seit 35 Jahren so, dass wir uns einmal im Jahr mit einer kleinen Gruppe von Schuhhändlern für drei, vier Tage einschließen. Immer mal woanders in Deutschland. Und dann einfach mal so eine Jahresplanung machen, überlegen, wo stehen wir, was machen wir. Es ist ein Treubleiben, aber auch ein immer Wiedererfinden. Wir haben ja auch angefangen, online zu verkaufen. Wir haben mal einen Katalog herausgebracht. Es ist ein Neuerfinden mit aber der alten DNA. Und wir sehen es, wenn man es so sehen will, wie so einen großen Ozeandampfer. Da kann ich nicht ein Jahr das Steuer komplett nach links und dann wieder nach rechts drehen. Dann fängt es an zu wackeln. Man muss einfach ein Ziel haben, über ein, zwei, zehn Jahre. Dass das dann nicht immer – weil auch äußere Faktoren dazukommen – so läuft, wie man sich das vorstellt, ist auch klar. Aber Handel ist immer Wandel. Da muss man reagieren.

Andy Wie sehen Sie sich momentan aufgestellt für die Herausforderungen der nächsten Jahre?

Herr Keller-Leist Das ist eine gute Frage. Wir sehen uns für die nächsten Jahre auf alle Fälle gut ausgestellt. Wir konzentrieren uns nach wie vor auf Beratung, auf Service, auf Qualität. Das ist unsere Philosophie. Das ist auch der Grund, warum die Leute zu uns kommen. Ludwigshafen ist für mich eine Stadt wie ein Teenager. Da sind viele gute Sachen drin, manche sind nicht so toll. Aber die Grundveranlagung ist gut. Die Entwicklung ist schon jetzt spürbar. Und deswegen ist der Berliner Platz für mich so schon, aber auch in Kombination mit dem Individualverkehr auf dem Auto, ein ganz wichtiger Punkt für die Zukunft. Da beneiden uns andere Städte drum: Der Geist, wie er in Ludwigshafen herrscht. Zu sagen – lass uns was für die Stadt tun, nicht für mich, sondern für die Stadt. Das ist, finde ich, im Gegensatz zu vielen anderen Städten, wirklich toll.
Wir haben wie alle anderen auch unsere Probleme, wir sind eine Arbeiterstadt. Wir sind eine Stadt mit einem hohen Anteil von Menschen aus anderen Nationen. Aber mein Gefühl ist, dass wir es geschafft haben, besser miteinander umzugehen und zu leben, als wie es in manchen anderen Städten ist. Also da glaube ich, hat Ludwigshafen einen Vorteil.

Andy Das nehme ich so gerne mit. Vielen Dank für Ihre Zeit und das interessante Gespräch!

Herr Keller-Leist Gerne, jederzeit.

Wir bedanken uns sehr für das Interview mit Herrn Keller-Leist sowie für die Einblicke in das Geschäft Schuh-Keller. Wir wünschen der Familie Keller auch weiterhin alles Gute und hoffen, dass hier auch noch viele weitere Jahre das Schuhekaufen ein Erlebnis bleiben kann.

Portrait: Doro

Text: Doro Ohler

Ursprünglich aus Meckenheim darf sie sich seit Halloween 2022 zugezogene Ludwigshafenerin nennen und ist seit Februar 2024 Teil des WOW Teams. Dort geht sie auf die Jagd nach lokalen Events der Stadt Ludwigshafen und schreibt über das Stadtgeschehen.

Portrait: Doro

Text:
Doro Ohler

Ursprünglich aus Meckenheim darf sie sich seit Halloween 2022 zugezogene Ludwigshafenerin nennen und ist seit Februar 2024 Teil des WOW Teams. Dort geht sie auf die Jagd nach lokalen Events der Stadt Ludwigshafen und schreibt über das Stadtgeschehen.

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