Zu Gast bei Mr. Veganus

Zu Gast bei Mr. Veganus

Seit 2022 betreiben Omar und sein Vater das vegane Restaurant „Mr. Veganus“ in der Fußgängerzone Ludwigshafens. Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich das Restaurant, besonders unter jungen Leuten, bereits zur Ikone entwickelt. Auch wir waren bei Mr. Veganus zu Besuch, dort durften wir nicht nur leckeres Essen genießen, sondern auch Vater und Sohn bei der Arbeit über die Schulter Schauen. In unserem Interview mit Omar haben wir zudem Einblicke in die Entstehungsgeschichte des beliebten Restaurants in der Innenstadt erhalten.

Andy Hi Omar!

Omar Hi, grüß dich.

Andy Könntest du dich und das Restaurant, das du und dein Vater hier gegründet habt, vorstellen?

Omar Wir kommen ursprünglich aus Syrien und sind erst 2015 nach Deutschland gezogen. Wir haben vorher ganz normal gearbeitet, also ich war angestellt. Und irgendwann mal hat mir mein Papa gesagt: „Hey komm, lass uns was eigenes machen, am besten in der Gastronomie“. Da habe ich nicht nein gesagt. Auf der Suche haben wir dann dieses Restaurant gefunden, eine der bestgelegensten Stellen in Ludwigshafen, denn jeder hier sieht diesen Platz. Der Ort an sich war perfekt für unser Konzept.

Andy Wann habt ihr eröffnet?

Omar Wir haben September 2022 geöffnet.

Andy Wie alt warst du, als du nach Deutschland kamst?

Omar Ich wurde Februar 2004 geboren. Ja 2004, ich bin gar nicht so alt, ich bin gerade 20. 😄 Als ich nach Deutschland kam, war ich gerade mal 11 Jahre alt, glaube ich.

Andy Krass. Aber das heißt, dann direkt Ludwigshafen?

Omar Ne, am Anfang sind wir in Schweinfurt angekommen. Mein Papa war da aber schon in Neuhofen. Und nach langem Hin und Her haben wir dann einen Asyl-Antrag gemacht. Wir waren kurz in Neuhofen und später in Mutterstadt. Von Mutterstadt sind wir dann nach Ludwigshafen gekommen.

Andy Okay, also warst du in Mutterstadt auf der Schule, nicht in Ludwigshafen?

Omar Beides. Ich war auf der Ebertpark-Schule, 5 – 6 Jahre lang. Und davor war ich auf der Rudolf-Wihr-Realschule in Limburgerhof. Ursprünglich bin ich Kfz-Mechatroniker. Ich habe das auch sehr gerne gemacht. Nur hatte ich mir überlegt, das hier könnte was Besseres sein, eine bessere Zukunft, bessere Karriere.

Andy Was dachtet ihr euch dabei, was ist euer Konzept?

Omar Vegan, das haben wir uns von Anfang an so gedacht. Überall wo man hier hinschaut, gibt es nicht wirklich vegane Angebote. Nur Grillhäuser und Bäcker, die kaum Veganes anbieten. Und dann dachten wir uns, okay, in Ludwigshafen gibt es ja eh nichts Veganes, dann machen wir da was aus unserer Küche.

Andy Also alles syrisch.

Omar Genau, alles syrisch.

Andy Du hast uns letztes Mal ja schon die Küche gezeigt und gezeigt, wie ihr die Falafel selber macht, wie ihr Hummus und alle Soßen selber macht. Und ich war begeistert davon, das ist ja nichts Fertiges dabei.

Omar Wir verwenden keine Fertigprodukte. Wirklich gar nichts Fertiges. Alles selbstgemacht. Man fängt erst mal mit ein paar Ideen an und dann kommt man irgendwann an den Punkt, an dem man sieht, was dem einen oder anderen Kunden mehr gefällt oder was weniger. Und dann versucht man immer das Beste daraus zu machen. Wir haben alle Gerichte nicht von Anfang an gleich gemacht. Wir machen zwar das gleiche Essen, aber wir versuchen da wirklich immer etwas zu korrigieren, was wegzulassen, was hinzufügen, es einfach zu optimieren.

Andy Ja, interessant. Also erst mal stelle ich mir den Schritt echt mutig vor.

Omar Ja, wir mussten auch viel Geld investieren. Sehr, sehr viel Geld.

Andy Das ist auch wirklich ein mutiger Schritt. Also du warst Mechatroniker vorher, sagtest du.

Omar Genau, also ich war noch ein Azubi. Damals war ich am Ende des ersten Lehrjahres.
Andy Ja krass. Das heißt, wie alt warst du da?
Omar So Mitte bis Ende 18 war ich damals.
Andy Okay, aber es hat dann schnell funktioniert, oder?
Omar Es hat schnell funktioniert, weil wie gesagt, ich kann was. 😁 Hier in dem Bereich habe ich wirklich was drauf. Und wenn man was draufhat, dann kann man daraus auch was machen. Ich arbeite seitdem ich auf die Welt kam, also quasi seitdem ich reden konnte. Ich war vielleicht sieben oder acht Jahre alt, als ich meinem Vater, damals noch in Damaskus, mit seinem Klamotten-Shop geholfen habe. Ich bin auf der Straße aufgewachsen, wo Leute verkaufen und kaufen. Wo Leute Essen machen und so alles drum herum. Und deswegen kann ich das einfach. Und von meinem Vater muss ich gar nicht reden. Er war damals genauso, wie ich es war. Syrien war auch immer ein gutes Land. Aber seit Anfang 2011 gibt es viele politische Probleme. Als es angefangen hat, sind wir direkt geflüchtet nach Libanon 2011. Und so Mitte 2015 sind wir dann nach Deutschland gekommen. Im Libanon haben wir vier Jahre lang gelebt. Ich habe dort keine Schule besucht. In Syrien habe ich gerade auch erst mal die erste Klasse fertig gemacht. Da konnte ich schon lesen und schreiben in der ersten Klasse.
Omar denkt zurück
Genau, so fünf oder sechs Jahre lang keine Schule, bis ich nach Deutschland kam. Da habe ich dann direkt mit der sechsten angefangen.

Andy Okay, ist das krass. Das sind Lebensrealitäten, die können wir uns nicht vorstellen.

Omar Ja, so ein Krieg hat wirklich vieles aus uns gemacht. Und je mehr man erlebt, desto mehr Erfahrung hat man einfach im Leben. Ich komme aus verschiedenen Kulturen. Von da nach da, von da nach da... Jeder hat eine Geschichte. Jeder hat eine überraschende Geschichte. Ich habe meine, mein Vater hat seine eigene Geschichte. Er hat ja einen anderen Weg genommen damals nach Deutschland. Meine Mama hat wieder eine andere Geschichte. Jeder, einfach jeder. Aber zurück zum Thema.

Andy Ja, Ich liebe eure Einrichtung. Wie kam das? Wer hat das so designt?

Omar Mein Vater. Er hat alles gemacht. Er hat mir Sachen vorgeschlagen, als er nicht wusste, für was er sich entscheiden soll. Aber im Endeffekt war alles seine Idee. Die Farben, die Tische, die Lichter. Wie alles so arrangiert ist, das hat mein Vater alles gemacht.

Andy Ich glaube, ihr habt das genau richtig gemacht, dass ihr euch komplett absetzt von den anderen.

Omar Gott sei Dank!

Andy Also ich habe da auch irgendwann nur noch überall „Mr. Veganus, Mr. Veganus, Mr. Veganus“ gehört. 😄 Ich war mal im BASF-Feierabendhaus, im großen Konzertsaal, da fragt die Band auf der Bühne „Wo geht man hier essen in Ludwigshafen?“ Und da hat es dann aus dem Publikum gerufen: „Mr. Veganus!“

Omar Cool, cool, cool. Das ist auf jeden Fall wirklich eine große Ehre für mich. Durch den Laden kamen wir tatsächlich auch auf ein Konzert. Im Pfalzbau, da waren so 160 Leute dort. Kurz danach hatten wir einen kleinen Bericht in der Zeitung. Aber davor, schon vor diesem Pfalzbau-Konzert hatten wir schon einen Bericht in der Rheinpfalz. Und kurz danach haben wir eine Mail bekommen, in der RTL/RonTV uns ein Interview angeboten hat. Das haben wir dann auch gemacht. Kann man auch heute sogar über YouTube finden. Ich bin froh, dass alles soweit gut läuft, trotzdem wünsche ich mir etwas mehr von Ludwigshafen. Ich wünschte, das Konzept käme so gut an wie zum Beispiel in Mannheim. Also es ist schön, selbstständig zu sein. Aber man muss einfach zugeben, es ist nicht einfach. Es ist gar nicht einfach. Bei uns in Syrien ist es überhaupt nicht so wie hier. Es ist viel einfacher, selbstständig zu werden. Ein Restaurant ist ein Ding, was brutal viele Kopfschmerzen macht.

Andy Ja ich glaube ihr hattet mal ein Thema mit Behindertentoiletten oder so?

Omar Ja richtig. Jetzt ist das zum Glück alles geklärt. Wir müssen einfach auf ein paar Sachen verzichten, wie zum Beispiel Alkohol. Aber wir wollten von Anfang an keinen Alkohol. Aber jetzt ist es auch gesetzlich vorgeschrieben. Genauso wie Spielautomaten und sonntags das Geschäft öffnen. Spielautomaten wollten wir auch nicht, aber sonntags wollten wir eigentlich schon öffnen dürfen, naja.

Also es ist schon manchmal kompliziert, selbstständig zu sein. Und gerade bei einem Restaurant. Man muss immer da sein, immer für die Kunden da sein, sonst würde das nicht laufen. Wenn ich jetzt mal eine oder zwei Wochen nicht mehr da bin und andere Leute hier bedienen würden, würden glaube ich manche Leute nicht mehr kommen. Ich kenne das privat auch so. Wenn ich irgendwo hingehe und die Person mich immer anlächelt und mich willkommen heißt und freundlich ist, dann gehe ich da öfter hin und fühle mich da wohl. Man braucht einfach gutes Personal, wenn man das an andere weitergibt – und das ist nicht so einfach, finde ich.

Andy Ja ich glaube, da muss man einfach der Typ dafür sein.

Omar Richtig. Und ein Fehler kann ein verlorener Kunde sein.

Andy Das stimmt. Man muss aber auch lernen abgeben zu können, glaube ich. Auch wenn du und dein Vater eben auch die Gesichter von Mr. Veganus seid. Euch kann man da nicht so einfach ersetzen.

Omar Ja, das stimmt.

Andy Aber in diesem Sinne, Omar, ich danke dir für das Interview mit uns!

Omar Sehr gerne, jederzeit, kommt immer gerne vorbei!

Andy Das machen wir. 😊

Wir bedanken uns bei Omar und seinen Vater, nicht nur für die Einblicke in die Restaurantgeschichte, sondern auch für den herzlichen Empfang und das fantastische Essen. Wir drücken den beiden auch für die Zukunft weiterhin die Daumen, eines ist auf jeden Fall klar – wir werden wiederkommen!

Portrait: Doro

Text: Doro Ohler

Ursprünglich aus Meckenheim darf sie sich seit Halloween 2022 zugezogene Ludwigshafenerin nennen und ist seit Februar 2024 Teil des WOW Teams. Dort geht sie auf die Jagd nach lokalen Events der Stadt Ludwigshafen und schreibt über das Stadtgeschehen.

Portrait: Doro

Text:
Doro Ohler

Ursprünglich aus Meckenheim darf sie sich seit Halloween 2022 zugezogene Ludwigshafenerin nennen und ist seit Februar 2024 Teil des WOW Teams. Dort geht sie auf die Jagd nach lokalen Events der Stadt Ludwigshafen und schreibt über das Stadtgeschehen.

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