OUR VOICES. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen
OUR VOICES. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen 75 Jahre Deutscher Künstlerbund
Zum 75. Jubiläum seiner Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg richtet der Deutsche Künstlerbund gemeinsam mit dem Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein den Fokus auf die Geschichte und Gegenwart bildender Künstlerinnen. Die Ausstellung beleuchtet die Entwicklungen seit 1950 und zeigt die Herausforderungen, denen Künstlerinnen im Kunstbetrieb bis heute gegenüberstehen. Denn trotz zahlreicher Fortschritte in den letzten Jahrzehnten bestehen auch im Jahr 2025 noch deutliche geschlechtsspezifische Ungleichheiten – etwa bei Bezahlung, Sichtbarkeit in Ausstellungen und der Repräsentation in Galerien und Sammlungen.
Der Deutsche Künstlerbund, 1903 gegründet, gehört zu den ältesten Künstlervereinigungen Deutschlands. Mit über 850 Mitgliedern ist er nicht nur ein lebendiges Netzwerk, sondern auch eine wichtige Stimme in kulturpolitischen Fragen. Durch eigene Ausstellungen, Symposien und Veranstaltungen – sowohl in Berlin als auch deutschlandweit – bringt er gesellschaftlich relevante Themen in den öffentlichen Diskurs und engagiert sich aktiv für die Interessen von Künstlerinnen.
Die Ausstellung OUR VOICES. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen präsentiert 24 künstlerische Positionen aus 75 Jahren. Sie eröffnet einen vielfältigen Blick auf das Schaffen von Künstlerinnen in Deutschland – in Malerei, Zeichnung, Skulptur, Druckgrafik, Textilkunst, Installation, Fotografie und Video. Im Mittelpunkt stehen nicht nur individuelle Lebenswege, sondern auch der Wandel gesellschaftlicher Rollenbilder und die Frage, welchen Platz Frauen in der Kunstgeschichte eingenommen haben – oder eben nicht.
Entstanden ist die Ausstellung im Rahmen eines zweijährigen kollaborativen Projekts des Deutschen Künstlerbundes und des Kunst-Mentorings des Kulturbüro Rheinland-Pfalz. Ziel ist es, die strukturellen Bedingungen für Sichtbarkeit und Gleichstellung von Künstlerinnen zu verbessern. Viele der gezeigten Werke stammen aus privaten Sammlungen oder dem Bestand des Wilhelm-Hack-Museums – darunter zahlreiche Arbeiten, die bisher kaum oder noch nie öffentlich zu sehen waren.
Inhaltlich greift OUR VOICES zentrale Fragen auf: Wie verhalten sich Privates und Politisches zueinander? Welche Bedeutung haben Mutterschaft und Care-Arbeit im künstlerischen Schaffen? Und wie spiegeln sich Hierarchien und Machtverhältnisse – zwischen Geschlechtern, im sozialen Kontext oder im Verhältnis zur Natur – in der Kunst? Auch der jahrzehntelange Kampf um Gleichstellung und Sichtbarkeit findet in vielen Arbeiten seinen Ausdruck. Zugleich eröffnet die Ausstellung einen spannenden Überblick über verschiedene Phasen weiblicher Kunstgeschichte in Deutschland – von 1945 bis heute.
Der Ausstellungstitel ist inspiriert von der amerikanischen Sozialpsychologin Carol Gilligan, deren Forschung ab den 1980er-Jahren ein neues Denken über Fürsorge, Kollaboration und ethische Verantwortung prägte. Ihre Idee einer „Human Voice“ – einer Stimme jenseits starrer Geschlechterrollen – ist auch heute noch aktuell. Viele der künstlerischen Strategien, die in OUR VOICES sichtbar werden, lassen sich mit diesem Ansatz in Verbindung bringen: Kollaboration, (Selbst)Fürsorge, Perspektivwechsel, Sanftheit, Humor – und nicht zuletzt: Aktivismus.
Kunst im Dialog: Zum Auftakt am 24. Mai 2025 laden zwei kostenfreie Artist Talks dazu ein, in die vielschichtigen Themenwelten einzutauchen. Am Vormittag sprechen Magdalena Kallenberger und Bettina Semmer mit der Kuratorin Dr. Almut Hüfler und Museumsdirektor René Zechlin über das Verhältnis von Kunst und Mutterschaft – ein Thema, das im Kunstbetrieb oft noch tabuisiert wird. Am Nachmittag diskutieren Almut Linde, Jule Tabea Martin und Zuzanna Skiba über Ausschluss, Gewalt und Diskriminierung im Kulturbetrieb. Die Gespräche bieten persönliche Einblicke und lenken den Fokus auf aktuelle Herausforderungen und Empowerment-Strategien von Künstlerinnen.
Umfangreiche Begleitpublikation: Zur Ausstellung erscheint eine hochwertige Publikation, die das zweijährige Forschungsprojekt dokumentiert und vertieft. Sie präsentiert die Ergebnisse von sechs jurierten Recherchestipendien, würdigt zehn herausragende Biografien von Künstlerinnen des Deutschen Künstlerbundes und stellt alle 24 künstlerischen Beiträge der Ausstellung detailliert vor. So wird die Ausstellung auch über die Laufzeit hinaus zu einem wichtigen Nachschlagewerk für Kunstwissenschaft, Kulturpolitik und alle, die sich für die Geschichte und Zukunft von Künstlerinnen interessieren.
Lehrkräfte und Bildung: Bereits vor der Eröffnung startete am 22. Mai 2025 eine Fortbildung für Lehrkräfte mit dem Titel „Art for Teachers“. Das Programm bot fächerübergreifende Impulse und praktische Anregungen für den Kunst- und Gesellschaftsunterricht. Mit Führungen und Workshops unterstützt es Pädagoginnen und Pädagogen darin, Themen wie Gleichstellung, Kunstgeschichte und gesellschaftlichen Wandel anschaulich und inspirierend im Unterricht zu vermitteln.
OUR VOICES ist eine Einladung, sich mit den persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen, denen Künstlerinnen begegnen – und mit den kreativen Wegen, die sie finden, um diese zu transformieren. Gerade in einer Zeit globaler Krisen zeigt die Ausstellung eindrücklich, welche Rolle Kunst in der Reflexion gesellschaftlicher Verhältnisse spielen kann – und welche Perspektiven sie für die Zukunft eröffnet.


Text: Andreas Heinrich
Gebürtige Lampertheimerin und seit September 2024 sesshaft in Mannheim. Im September 2024 wurde sie Teil des WOW-Teams und macht sich seitdem auf die Reise nach spannenden Eindrücken in Ludwigshafener Kunst und Kultur.

Text: Andy Heinrich
Bilder: WOW & Murat Bilir
Andy ist echter Ludwigshafener. Er weiß welche Treppe in der Innenstadt wie viele Stufen hat. Außerdem findet er, Ludwigshafen kann was. Deshalb möchte er zeigen, was seine Heimatstadt zu bieten hat. Er betreibt er mit seinen Kolleg*innen das WOW Magazin und initiiert eine Vielzahl von Kulturprojekten.