Fremdsprachige Stücke. L’Etang (Der Teich)

Robert Walser hat sein Familiendrama Der Teich um 1902 in berndeutscher Mundart als Geschenk an seine jüngste Schwester Fanny verfasst. Die Hauptfigur Fritz fühlt sich von seiner Mutter nicht geliebt und täuscht vor, im nahegelegenen Teich ertrunken zu sein.

Die Adaption der französischen Regisseurin und Choreographin Gisèle Vienne greift die beunruhigenden Anspielungen des lediglich 20 Seiten umfassenden Textes von Robert Walser auf und bringt Themen wie Kindesmissbrauch, Inzest und Familientraumata wie durch ein Vergrößerungsglas an die Oberfläche. Die beiden Darstellerinnen verkörpern zehn Charaktere, neben der Hauptfigur Fritz seine Geschwister, Freunde und Protagonisten aus der Welt der Erwachsenen. Vienne findet einen ungewöhnlichen Zugang zu der Geschichte und konfrontiert das Publikum von Anfang an mit einer irrealen, künstlichen Atmosphäre, die durch die Verstärkung der Stimmen durch Microports noch unterstrichen wird. Adèle Haenel, die sich mehr und mehr als Filmdarstellerin einen Namen macht und der #MeToo-Bewegung in Frankreich eine Stimme verleiht, spielt einerseits virtuos mit diesem Eindruck des Irrealen, andererseits kann man förmlich die Emotionen spüren, die ihren Körper durchströmen. Wir erleben eine Achterbahnfahrt der Gefühle, hin- und hergerissen zwischen Schmerz und der Sehnsucht nach Nähe. In ihrer Inszenierung arbeitet Gisèle Vienne verschiedene Realitäts- und Zeitebenen heraus, die sich überlagern und die Komplexität von Intimität aufscheinen lassen. Nachdem Fritz‘ Schwindel auffliegt und er trotz seiner Dreistigkeit nicht bestraft wird, regt sich die verborgene Zärtlichkeit zwischen ihm und seiner Mutter und es manifestiert sich die schmerzlich vermisste Liebe. Quelle: Theater im Pfalzbau, Bild: © Jean Louis Fernandez 

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Nach der Erzählung Der Teich von Robert Walser
Théâtre National de Bretagne, Rennes
In französischer Sprache, mit deutschen Übertiteln

FR, 14.04.23, 19:30 UHR, UP
SA, 15.04.23, 19:30 UHR, PER

Konzeption, Inszenierung, Bühne, Dramaturgie Gisèle Vienne
Licht Yves Godin
Ton Adrien Michel
MusikRegie Stephen F. O’Malley
Originalmusik Stephen F. O’Malley & François J. Bonnet
Mit Adèle Haenel & Julie Shanahan / Henrietta Wallberg

KLEINE BÜHNE
Einheitspreis 24€ / ermäßigt 14€
Dauer ca. 1 Stunde 25 Minuten

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